Last Updated on 12. März 2019

Willkommen zur neuen Rubrik bei Totally-London: Meet the Londoner. Hier werden sich ab sofort interessante Londoner vorstellen und uns ihre Geheimtipps für die City verraten. Das können Restaurants oder Bars sein, aber auch Sehenswürdigkeiten, die du unbedingt gesehen haben musst.

Der gebürtige Spanier Cristóbal Guerra macht den Auftakt und ich freue mich sehr, dass Meet the Londoner mit einem echten Street Art Experten eröffnet wird!

Street Art Experte Guidecris im Interview

Ich habe Guidecris auf unserer gemeinsamen Street Art Tour im East End und Shoreditch kennengelernt. Dort hat er mich sehr mit seinem Wissen zur Street Art Szene in London allgemein und mit den Hintergründen zu den Kunstwerken und ihren Erschaffern schwer beeindruckt. Im Interview erzählt er uns, wie er zur Street Art gekommen ist und welche Orte in London du unbedingt sehen solltest.

Das Interview habe ich auf Englisch geführt. Die Originalfragen und die entsprechenden Antworten von Guidecris findest du hier. Falls du lieber die deutsche Übersetzung lesen möchtest, liest einfach unten weiter.

Guidecris, stell dich doch kurz vor:

Ich habe Kunst und Philosophie in meinem Herkunftsland Spanien studiert.

Vor 3 Jahren kam ich nach London weil ich einen Job gesucht habe. Mit der Hilfe eines Freundes konnte ich als Tour Guide bei einer der Firmen die im Osten von London tätig sind, beginnen.

Durch meine Erfahrungen und das Wissen, das ich mir durch die Touren über örtliche Geschichte im East End angeeignet hatte, gelang mir der Kontakt in die Street Art Szene.

Ich habe angefangen nach guten Street Art Locations Ausschau zu halten und auf Social Media nach jemanden, der Interesse hat eine Street-Art Tour Firma zu gründen. Einer der Künstler stellte mich einer Person vor, die Interesse hatte, in eine Webseite zu investieren. Mit dieser Webseite wurde die Firma ein Social-Media-Projekt und wir hatte die Möglichkeit nach unseren Vorstellungen eine Street Art Tour zu entwickeln. Urban Street Art Tours London war geschaffen.

Was ist Street Art für dich?

Wenn man in Google nach einer Definition von Street Art sucht, findet man folgendes:

“Street art is visual art created in public locations, usually unsanctioned artwork executed outside of the context of traditional art venues. The term gained popularity during the graffiti art boom of the early 1980s and continues to be applied to subsequent incarnations”.

Es gibt Kritiker der Street-Art Szene so wie es die auch in jeder anderen Kunstrichtung der Welt gibt. Der Unterschied ist aber, dass Street-Art Kunstwerke draußen in den Strassen gemalt werden während andere Kunstrichtungen ihre Werke drinnen ausstellen, in einem Museum oder einer Galerie (so wie das bei zeitgenössischer Kunst der Fall ist).

Ich möchte ein Banksy Zitat einbringen, was ich bei meinen Recherchen gefunden habe. Für mich ist es eine gute Definition von Street-Art:

“Graffiti is one of the few tools you have if you have almost nothing. And even if you don’t come up with a picture to cure world poverty you can make someone smile while they’re having a piss.”
― 
BanksyBanging Your Head Against a Brick Wall

Ich kann mir ein gutes Graffiti nicht in einem Badezimmer vorstellen. Vielleicht einen Schriftzug. Meine persönliche Definition von Street-Art ist:

Street-Art ist ein umfangreicher Mix von Stilarten der visuellen Künste. Die genutzten Techniken können von jedem Künstler inspiriert worden sein, der aktiv war bevor es Street Art überhaupt gab.

Die Kunstwerke können verschiedene Einflüsse haben und Techniken verwenden. Das geht von “Stencils” einer Technik bei der eine oder mehrere Schablonen aus Pappe geschnitten und dann besprayt werden hin zu Graffiti Techniken aus der Graffiti Szene.

Das Konzept der Street-Art begann zum Großteil mit Banksy. Der hat neben dem oben erwähnten Zitat noch viele andere Definitionen von Street-Art parat.

Die Street-Artists

Es gibt ziemlich viele Street Artists verteilt auf der Welt. Man kann sagen, dass jeder Ort der über Street-Art verfügt, Künstler hat, die ihren Stil aus der lokalen Szene hinaus in die Welt tragen und sie representieren.

Für mich sind Banksy und Obey Giant die beiden, die dem Konzept Street-Art ihren Namen gaben.

Ich sehe jeden Tag unterschiedliche Künstler weil die Gegend in der ich lebe, unterschiedliche “cultural hubs” in Shoreditch und Bricklane hat. Diese Gegenden weisen eine starke Tradition in Bezug auf Graffiti und Street-Art auf und viele Künstler aus der ganzen Welt kommen jedes Jahr hier. Einige der Künstler, die ich hier schon gefunden habe sind: Mr Cenz, Jimmy C, Ben Eine, Obey Giant, Banksy, Zabou Artist…

Mr. Cenz hat diverse Kunstwerke in London. Das oben gezeigte befindet sich in der Fashion Street.

Was macht Street Art besonders für dich?

Street-Art ist besonders für mich seit es mit Fotos dokumentiert werden kann. Diese Fotos werden eine persönliche Version der Kunstwerke, die du gerade fotografiert hast. Die Tatsache, dass ich mir unterschiedliche Techniken ansehen kann, die Street-Artist nutzen, macht das ganze auch besonders.

Wo ist dein liebster Ort für Street Art in London?

Mein liebster Ort, bzw. Orte, sind Bricklane, Camden und außerhalb Londons, Bristol. Diese Gegenden haben eine gute Ausstrahlung und Auswahl an Kunstwerken und Künstlern.

In London gibt es viele Künstlergegenden, z.B. in Hackney Wick, wo die Künstler selber leben.

Warum sind diese Orte besonders?

Einige Kunstwerke an den genannten Orten haben “community intention”, d.h. Bezug zur Community, in der sie geschaffen wurden. Die Kunstwerke werden respektiert, zumindest für eine Weile, manche sogar für immer und sie werden bewahrt und geschützt wie die Kunstwerke von Banksy, die es heute noch in London gibt.

Es gibt Kunstwerke die sind Tribute für Künstler, die jedem etwas bedeuten. So wurde z.B. für Amy Winehouse erst kürzlich ein eigener Trail geschaffen, an dem einige der besten Künstler der Street-Art Szene mitgewirkt haben.

Wie oft gehst du auf Entdeckungstour für neue Street Art?

Täglich. Es gibt Gegenden, die haben so viele Street-Art, dass man gar nicht weit und lange laufen muss um ausreichend gute Künstler zu finden, von denen man ein Foto machen kann.

Wenn du außerhalb Londons unterwegs bist, findest du viele Gegenden mit Street-Art in Brighton, Newcastle, Sheffield…

Lora Zombie’s – “Tank Girl” – ist ein freihändig gemaltes Kunstwerk, das von Comics beeinflusst ist. Du findest es in der Hanbury Street.

Wer ist dein liebster Künstler und warum?

Ich habe keinen Lieblingskünstler. Ich finde Street-Art toll, weil ich ein Kunstwerk aus verschiedenen Gründen für eine Weile als mein liebstes ansehen kann.

Die Künstler, die ich als besonders talentiert halte sind: Banksy, Obey Giant, D-Face, ROA.

Die Liste lässt sich ergänzen um: Mr. Cenz, Stik, Cept Trp, Tek 33, Jim Vision, Mighty Moe, The Real Dill, Dan Kitchener, Otto Schade, Zabou Artist. Sie alle sind Künstler, bei denen ich einen Besuch der Instagram Profile empfehle, um sich ihre Arbeiten anzusehen.

Stik ist der Künstler, der die Strichmännchen malt, die überall in London zu finden sind. Die Debatte über Wohnraum und die Werte der Gemeinschaft sind die Themen seiner Arbeiten.

ROA ist ein talentierter Street Artist aus Belgien, der den Igel in Shoreditch freihändig gezeichnet hat. Das Kunstwerk zeigt seine Fähigkeiten im Bereich der Illustrationstechniken. Erst vor Kurzem wurde das Kunstwerk sehr intelligent vom Künstler Jim Vision erneuert. Jim hat die prähistorischen Männer an den Füßen des Igels hinzugefügt. Eine unerwartete Zusammenarbeit zwischen den beiden.

Otto Schade ist der Künstler hinter diesem Kunstwerk. Er hat einen Entwurf mit einfacher Kreide gezeichnet. Der Titel ist “The CCTV chamera sign”.

Hast du ein liebstes Kunstwerk? Wenn ja, welches ist es und warum?

Den “Sacred Crane” (=heiligen Kranich) von ROA in der Hanbury-Street weil er das Aussterben einer Spezies innerhalb der lokalen Gegend representiert. ROA zeichnet Tiere an dem Ort wo sie ehemals beheimatet waren.

Das Kunstwerk representiert außerdem noch den Kampf einer Minderheit in London: den der Gemeinschaft von Menschen aus Bangladesch, die seit 1974 in der Gegend leben.

Der Grund warum das Kunstwerk “The Sacred Crane” der Hanbury Street oder Bricklane heißt, hat folgenden Hintergrund. Als ROA mitten im Malen war, haben Kinder ihn gefragt, was für einen Vogel er malt. Er antwortete, dass der einen Reiher malt. Daraufhin haben ihn die Kinder gebeten doch lieber einen Kranich zu malen, da der für sie heilig ist. Deshalb ist das Kunstwerk – was übrigens freihändig gemalt wurde – ein Kranich.

Es ist mein liebstes Kunstwerk, weil die genutzte Technik und auch die Story, die hinter dem Gemälde steckt, tiefgründig sind.

Wohin gehst du für richtig leckeres Essen und Drinks?

Die besten Orte zum Essen gibt es rund um die Bricklane und in Shoreditch. Auf der Bricklane findet man ein großes Angebot an bengalischen und indischen Gerichten und es gibt viele Orte, wo man auf ein Bier gehen kann, wie das Hawksmoor in der Commercial Street.

Stell dir vor jemand kommt das erste Mal nach London. Was muss man unbedingt tun und besuchen?

Ich würde ihm/ihr empfehlen Westminster Abbey zu besuchen, wegen der historischen Wichtigkeit des Ortes.

Wo sind “hidden gems”, also versteckte Schätze, in London?

Hidden gems können sich überall da verstecken wo du nach ihnen suchst.

Mittlerweile kenne ich mich gut aus mit der Spitalfields Community und der Geschichte rund um die Hugenotten und anderer Gemeinschaften, die im Osten von London während des 17ten und 18ten Jahrhundert lebten. Das ist ein Schatz für mich, den ich in der Princelet Street und der Fournier Street gefunden habe.

Ich habe auch besondere Street-Art Orte in der Bricklane, in Hackney, in Camden…gefunden.

Schätze sind für mich auch die Wolkenkratzer, die nicht weil weg von der Bricklane stehen und die representative Architektur Designs aus London sind. Ich meine damit das Walkie-Talkie, The Gherkin, The Shard und The Heron Tower.

Und vergesse nicht eine Kirche zu besuchen, wie die Christ Church Spitalfields.  Erbaut zwischen 1714 – 1729 ist sie voller Geschichte und einen Besuch wert. Nicht zuletzt wegen der Architektur, denn sie wurde vom talentierten Architekten Nicholas Hawksmoor erbaut, der vorher Assistent von Sir Christopher Wren an der St. Pauls Cathedral war. Die Christ Church Spitalfields ist eins der wenigen Beispiele des English-Baroque, das in London existiert.

Bereit für deine Street Art Tour?

Vielen Dank, Guidecris, für das Interview und die Einblicke in die Street Art Szene in London. Wenn du jetzt Lust hast die genannten bzw. gezeigten Orte selbst zu besuchen, kannst du deine Tour mit Guidecris auf seiner neuen Seite Xperience London Street Art Tours buchen.

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