Last Updated on 10. März 2021
Über viele Jahrhunderte hat London seinen Müll einfach in die Themse gekippt. Früher haben arme Kinder darin nach Dingen gesucht, die sie verkaufen konnten. Heute sind die Hobby-Archäologen und Schatzsucher unterwegs und hoffen auf einen Fund aus Londons Vergangenheit. Alles zum Thema Mudlarking und die Do’s and Don’ts für eine erfolgreiche und legale Suche in London findest du in diesem Post.
Inhaltsverzeichnis
Der Ursprung des Mudlarking
Im 18. und 19. Jahrhundert suchten arme Kinder bei Ebbe das Flussufer der Themse nach Dingen ab, die sie verkaufen konnten. Brennholz, Kohlestücke oder Knochen. Die Arbeitsbedingungen waren hart. Immer draußen und im feuchten Schlamm. Immer Gefahr laufend, sich an Scherben zu schneiden oder sich vor einem Kadaver zu erschrecken. Dieser Tätigkeit ging nach, wer sehr arm oder ohne Ausbildung war. Es war eine Möglichkeit, die Familie zu unterstützen.
Moderne Schatzsuche im Schlamm der Themse
Heutzutage löst die Schatzsuche im Schlamm der Themse auf viele einen ganz besonderen Reiz aus. Bei Ebbe sieht man sie mit Gummistiefeln, Handschuhen und Tüte die Ufer der Themse ablaufen, den Blick auf den Boden gerichtet, in der Hoffnung eine alte Münze, Pfeife oder vielleicht sogar ein altes Schmuckstück zu finden.
Warum geht Mudlarking in London besonders gut?
Die Themse wird von Ebbe und Flut reguliert. Das führt zu Unterschieden im Wasserstand von bis zu 7 m. Die Bewegungen des Wassers wühlen den Grund der Themse ordentlich auf und bringen damit auch Schätze an die Oberfläche, die seit Jahrhunderten verborgen waren. Die verstecken sich dann unter Muscheln und Steinen, manche liegen auch einfach im Matsch.
- Tolles Fotomotiv: ein alter verrosteter Anker auf Themseufer bei Ebbe
Wonach suchen die Mudlarks?
Viele Suchende hoffen auf alte Münzen oder Schmuckstücke, komplett erhaltene Ton- bzw. Glasgefäße, oder auf vollständige Tonpfeifen. Diese sind vergleichbar mit den heutigen Zigaretten. Man hat sie fertig gestopft gekauft, geraucht und dann entsorgt. Wo? Genau – in der Themse. Sie waren ab etwa 1580 im Verkauf (ab da wurde Tabak erstmalig nach Europe importiert) und hielten sich bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Dann wurden sie durch mehrfach nutzbare Pfeifen und Zigaretten ersetzt.
Die Köpfe der Pfeifen waren oft sehr schön dekoriert, der filigrane Rauchkanal und das Mundstück sind aber oft abgebrochen, so dass man meistens nur den Kopf findet. Komplett erhaltene Pfeifen sind selten und daher auf jeden Fall eine Meldung ins Museum of London erforderlich! Das gilt auch bei allen anderen Funden, denen ein archäologischer Wert unterstellt werden kann. Mehr Details dazu im übernächsten Abschnitt.
- Mein Fund beim Mudlarking: eine braune Tonscherbe, die zu einem Bellarmine/ Bartman Krug gehört
Du willst auch ein Schatzsucher werden – das gilt es zwingend zu beachten!
- Seit 2016 ist es illegal, einfach bei Ebbe ans Ufer zu steigen und Dinge zu sammeln. Jeder (auch Touristen) benötigen eine Erlaubnis – ein Permit – vom der Port of London Authority (PLA). Die jährlichen Lizenzen liegen bei £85, eine Erlaubnis für nur einen Tag kostet £40 (Stand Juli 2020). Ein “ich will ja nur schauen, ggf. was aufheben und lege es danach auch wieder in den Schlamm zurück- versprochen” zählt nicht!
- Der Antrag auf ein Permit kann komplett online ausgefüllt und bezahlt werden. Deine Erlaubnis ist dann für 36 Monate gültig. Wie das genau geht, erfährst du im Post “Mudlarking in London – wie läuft das mit der Lizenz“.
- Man darf nur aufheben, was mit bloßem Auge zu sehen ist. Sobald man anfangen muss zu graben, muss der vermeintliche Schatz liegen bleiben. Nur speziell lizensierte Mudlarks dürfen mit Metalldetektor und Schaufeln ans Werk. Dass für die noch mal ganz andere Regeln gelten, versteht sich irgendwie von selbst, oder?
- Da es leider viel zu oft vorkam, dass vor allem Touristen gut erhaltene Objekte gefunden, diese aber nicht gemeldet, sondern einfach mit nach Hause genommen haben, hier der dringende Hinweis, dass Funde gemeldet werden müssen! Macht Sinn, oder? Immerhin will man die Zeitzeugen aus Londons Geschichte in der eigenen Stadt halten und nicht in irgendeinem Touri-Keller verrotten sehen. Wie das genaue Vorgehen ist, liest du im nächsten Abschnitt.
Was ist, wenn ich etwas finde?
Die Regeln dazu sind eindeutig und streng. Funde, denen ein “acharchaeological or historical interest”, also ein archäologisches oder historisches Interesse unterstellt werden kann, müssen innerhalb von 4 Wochen nach Fund im Museum of London gemeldet werden. Alle Details findest du bei der “Port of London Authority”, im Formular für den Antrag auf Erlaubnis, unter Punkt 12 “Reporting and recording Regime“. Dein Fund wird dort katalogisiert und geprüft. Hast du einen besonders guten Fund gemacht, wird er in die Sammlung des Museums übergehen und diese ergänzen. In allen anderen Fällen bekommst du deinen Schatz zurück. Es gibt also keinen Grund, einen Fund NICHT zu melden. Entweder du trägst dazu bei, das Museum vollständiger zu machen oder kannst daheim mit deinem Fund angeben.
- Wer diese Rose wohl in die Themse geworfen hat?
Regeln fürs Mudlarking
Eins vorab: die folgenden Regeln sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Eine Gewähr auf Vollständigkeit kann ich aber nicht übernehmen. Bevor ihr auf die Suche geht, macht euch daher selber noch mal mit den aktuellsten Infos vertraut und checkt bei Unklarheiten mit der Port of London Authority (PLA).
- Seit 2016 braucht man für das Absuchen des Themseufers eine Genehmigung von der Port of London Authority. Hat man keine, ist das eine illegale Handlung. Die jährliche Lizenz kostet £85. Tagesticket (festgeschrieben auf einen bestimmten Tag) kosten £40 (Stand Juli 2020).
- Ausweis bzw. Tageserlaubnis müssen mit einem Ausweis bei sich getragen werden. Es wird kontrolliert, ob man sich an die Regeln hält!
- Funde müssen gemeldet werden (s. vorheriger Abschnitt).
- Erkundige dich, in welchen Gebieten überhaupt gesucht werden darf. Es gibt viele generelle Sperrzonen. Sich hier erwischen zu lassen, ist ganz besonders unklug.
- Die Themse wird von Ebbe und Flut reguliert. Informiere dich vorher, wann das Hochwasser kommt und verlasse das Ufer rechtzeitig über eine der Treppen. Am besten hast du jemandem Bescheid gegeben, wo du auf die Suche gehst und hast dein Handy dabei (man weiß ja nie…).
- Aufgehoben werden darf nur, was mit bloßem Auge sichtbar ist. Das Ausgraben oder die Suche mit einem Metalldetektor ist nur speziell lizensierten Mudlarks vorbehalten.
- Um die Übertragung von Leptospirose (Weil Krankheit) zu verhindern, wird dringend empfohlen Einweghandschuhe zu tragen und sich nach dem Suchen sehr gut die Hände zu waschen.
- Festes, am besten auch wasserfestes Schuhwerk tragen.
- Alle Infos zum Thema Schatzsuche in der Themse, Mudlarking, Erlaubnis beantragen und Co. findest du auf der Homepage der Port of London Authority.
Etiquette beim Mudlarking
- Verwickle keinen Mudlark in Small-Talk, wenn du ihn bei der Suche triffst. Das Zeitfenster, wo die Ebbe die möglichen Schätze freilegt, ist begrenzt. Das will keiner mit Quatschen verschwenden.
- Fang nicht direkt neben einem fremden Mudlark an zu suchen. Klar, keiner hat hier das Ufer gepachtet, aber jeder hofft doch auf seine eigene besonders gute Stelle. Also Abstand halten! Und keinen Small-Talk beginnen 😉
- Viele Sucher machen das seit vielen Jahren und haben ihre Geheimecken gefunden. Die wird dir aber keiner verraten, also frag gar nicht erst danach.
- Mach keine Fotos bzw. eher veröffentliche keine Fotos, aus denen ableitbar ist, wo du deinen Fund gemacht hast. Ein Massentourismus bzw. Massen-Mudlarking an ausgewählten Stellen soll vermieden werden.
Accounts und Seiten zum Thema Mudlarking
Es gibt einige Facebook Seiten und Instagram Profile, die zeigen, was alles gefunden wird. Oft gibt es dann auch noch Hintergrundinfos zum Fund. Total spannend!
Ich folge bei Facebook z.B. Lara Maiklem alias @LondonMudlark, @Thamesmudlark und @tidelineart. Diese Accounts sind auch alle bei Instagram vertreten. Dort folge ich zusätzlich noch @jasonmudlark.
Auf der Homepage vom “Thames Discovery Programme” kannst du dir Touren an ausgewählten Standorten entlang der Foreshore (Ufer) der Themse buchen. Hier liegt der Fokus auf der Geschichte und Entwicklung bzw. Veränderung des ausgewählten Abschnitts der Themse.
Happy Mudlarking!
Ich hoffe, diese Infos helfen dir, die Regeln zu kennen und einzuhalten, so dass unschöne Strafen vermieden werden und du eine sichere und hoffentlich erfolgreiche Schatzsuche in London starten kannst. Mudlarking ist ein wunderbares Hobby und jeder hofft auf einen Sensationsfund. Natürlich auch ich – ich würde mich z.B. total über eine alte Münze freuen oder über eine vollständige Pfeife.
Und, bist du auch ein Hobby-Archäologe? Warst du schon mal Mudlarking in London? Was wäre dein Traum-Fund? Erzähl doch mal in den Kommentaren!
- An diesem Teil der Foreshore (Ufer) der Themse stützen Sandsäcke die angegriffene Mauer
- Einige Treppen hinunter ans Ufer der Themse hat sich die Natur schon zurück erobert
Da muss ich mal fragen: Wir sind früher immer gern nahe der Tower Bridge ans Ufer der Themse gestiegen bei Ebbe, da wo auch Schatzsuche betrieben wird. Haben aber nur geschaut, also Fotos von der Tower Bridge etc gemacht, nichts gesucht. Darf man das auch nicht mehr?
Hi Daniela,
ans direkte Ufer zu gehen ist nicht verboten. Es gibt auch keine Kontrollstände o.ä. Aber es gibt Kontrollen in Zivil vom Port of London, die einen ggf. ansprechen, wenn sie sehen, dass man bückt und was aufhebt. Leider halten sich viele nicht an die Vorgabe, dass man eine Erlaubnis braucht und daher nehmen auch die Kontrollen zu.
Beste Grüße Simone
Hi,
meine, dann fast 7 Jährige, Tochter und ich würden gerne nächsten Sommer in die Themse Mudlarking gehen. In Österreichs Flüssen kennen wir uns aus, aber ich weiß nicht ob es empfehlenswert ist in der Themse mit einem Kind Mudlarking zu betreiben. Kannst du uns da weiterhelfen?!
Ganz liebe Grüße
Hallo,
wichtig ist vor allem, dass das Mudlarking in London nur mit einer speziellen Lizenz erlaubt ist. D.h. ein schnelles “nur mal ans Ufer gehen und schauen was wir so finden” ist nicht legal. Falls ihr eine solche Lizenz schon habt, ist wichtig, dass ihr Handschuhe tragt und festes Schuhwerk und natürlich auch immer den Flutkalender im Blick haben. Am besten online auf der Seite vom Port of London nachsehen, denn es gibt Gegenden, an den das Mudlarking generell verboten ist. Hoffe diese Infos helfen euch. Falls du nach Alternativprogramm suchst, ich habe einen Post über London mit Teenagern, aber die meisten Sachen kann man auch schon mit 7 Jahren machen. Viel Spaß in London
VG Simone
Hallo, ich bin gerade erst auf dieses Thema gestoßen und würde das super gerne selber mal ausprobieren! Ich bin in Österreich, Wien zuhause, darf ich fragen, welche Flüsse Du in Österreich erkundet hast? Liebe Grüße, Lisa
Liebe Lisa, ich hoffe Manu liest diesen Kommentar und schicke eine Antwort. Bei den Flüssen in Österreich habe ich leider keinerlei Erfahrungen.
Happy Mudlarking, Simone
Wunderbar informative Seite – ein guter Service für den geneigten Leser!
Ich war (und bin noch ab und an) „Mudlark“ in München. Da gibt es zwar nicht so strenge Vorschriften wie in London, aber ich habe meine Funde dennoch verantwortungsbewusst behandelt.
Ein paar meiner bemerkenswertesten Funde aus hunderten Stunden am (und im) Fluss liegen mittlerweile im Bayerischen Armeemuseum in Ingolstadt (zwei große, sehr gut erhaltene Kanonenkugeln aus Stein) – übrigens ultra selten.
Klar ist es schön, „Schätze zu haben“ – aber die Öffentlichkeit hat auf lange Sicht mehr davon, wenn man sie abgibt. Ein Tipp: Schöne Fotos von seinen Funden machen. Die kann man immer behalten – und sie nehmen auch keinen Platz weg.
Lieber Christian, ich habe viele Jahre in München gelebt, aber auf die Idee in der Isar zum Mudlarken bin ich nicht gekommen. Jetzt frage ich mich ernsthaft, warum nicht? Vielen Dank für deinen netten Kommentar
Beste Grüße
Simone